Exkursionsbericht Altenpflegeheim

Thema: Gelebter Glaube vor Ort

04.12.2022 | Übersicht

Am 07.10.2022 haben wir, der katholische Religionskurs der E-Phase von Frau Paulmann eine Exkursion in das Haus an der Königsheide in Neu-Isenburg gemacht. Dies ist ein Altenpflegeheim für Menschen, die an Demenz erkrankt sind.

Der Beweggrund unserer Exkursion war das vorher im Unterricht durchgenommene Thema „gelebter Glaube vor Ort“.

Wir waren alle sehr neugierig, was uns erwarten wird und haben im Unterricht bereits das wichtige Schlagwort “Validationsprinzip“ erklärt bekommen. Dadurch waren wir schon ein wenig vorbereitet, als es um die Kommunikation mit den Erkrankten ging. 

Meine Erwartungen an das Demenzheim und vor allem an die Pfleger waren primär das liebevolle Begleiten und Pflegen der Erkrankten, aber auch das Darstellen vieler verschiedener Angebote und Aktivitäten.

Darüber hinaus erwartete ich zudem, dass das Demenzheim für die Erkrankten eine Einrichtung zum Wohlfühlen ist und wo sie das Gefühl haben, gut aufgehoben zu sein. Es sollte meiner Meinung nach sehr wohnhaft und freundlich gestaltet sein, mit vielen bunten Farben und nicht wie beispielsweise in einem Krankenhaus wo alles weiß ist.

Von den Pflegern erhoffte ich, dass ich mir einen Eindruck in ihren Alltag verschaffen kann und lerne, was ihre täglichen Aufgaben sind, wie sie diese meistern und wo vielleicht Komplikationen oder Probleme auftauchen können.

Ich möchte generell einfach mehr Informationen und einen genauen Einblick in den Beruf Pfleger bekommen, weil dieser im Moment im Notstand ist und viele Heime und Krankenhäuser unterbesetzt sind. Vielleicht kann ich später diesen Beruf auch ausüben.

 

B)

Im Folgenden soll auf die Frage, ob die Pflege dementer Menschen ein religiöser Akt ist, eingegangen werden. Dafür erläutere ich zunächst die jeweilige Definition und reflektiere die Fragestellung an dem jeweiligen Religionsbegriff.

Der Begriff Religion lässt sich grob in zwei Bereiche einteilen. Zum einen die substanzielle Definition und zum anderen die funktionale Definition.

Die substanzielle Definition beschreibt ein Glauben an ein höheres Wesen, aber auch nach Tillichs weitgefassten Definition das, was einen als Mensch berührt und unbedingt angeht.

Die Erkrankten und Pfleger glauben hier nicht zwangsläufig an Gott oder ein höheres Wesen, aber die Pflegekräfte orientieren sich bei ihrer Arbeit an einem Wertekodex und übermitteln christliche Werte, die wir von Gott vermittelt bekommen haben in Form von Fürsorge, Nächstenliebe, Schutz und Anerkennung.

Auch wenn Gott nicht tagtäglich im Sinne, dass sie ihn erwähnen präsent ist, so sind aber die christlichen Werte, die ihren Ursprung in erster Linie in den 10 Geboten und Jesu haben, anwesend. Außerdem werden im Wohnheim auch Gottesdienste gefeiert, wodurch die Pflege speziell in diesem christlichen Wohnheim auch nach der engen Definition als religiöse Handlung gesehen werden kann.

Die Definition nach Tillich besagt, dass Religion das ist, was mich als Person berührt und unbedingt angeht.

Die Ergriffenheit, das ist etwas, was in jedem Lebensgebiet auftauchen kann.

Ein passendes Beispiel aus dem Demenzheim ist, wenn man mit den Erkrankten draußen spazieren geht. Diese sind dann draußen völlig versunken in der Natur, bestaunen die bunten und herbstlichen Blätter oder genießen die Sonne.

Die Erkrankten sind also von der Natur ergriffen, die Gott in der Schöpfungsgeschichte erschuf. Auch sind die Pfleger manchmal beim Interagieren mit den Erkrankten oder von dessen versterben berührt. Alles auf der Erde, von dem wir ergriffen sein können ist dann Religion und nach Tillich somit auch die Pflege dementer Menschen.  

Das heißt, Tillich erschließt eine weltweite Ermöglichung der Gotteserfahrung. Wo du bist, kannst du, wenn du dich darauf einlässt mit deinem Herzen, Gewissen oder mit deiner Vernunft und deinem Gefühl, also mit allen Instrumenten, kannst du religiöse Erfahrung machen.

Zur funktionalen Definition des Religionsbegriffes lässt sich sehr viel mehr sagen. Diese besagt, dass Religion eine Aufgabe in der Gesellschaft erfüllt und hat drei verschiedene Unterpunkte. Der erste ist die Kontingenzbewältigung: “Religion gibt Halt bei Grenzerfahrungen.“ Ein Beispiel dafür ist zum Beispiel die Bewältigung von Grenzerfahrungen wie Leid und Tod.

Grenzerfahrungen wie diese erleben die Pfleger eines Demenzwohnheims in ihrem Arbeitsleben des Öfteren.

Die Pfleger selbst haben gesagt, das Abschalten und Zulassen der hilfreichere Weg ist, Grenzerfahrungen mit dem Tod der Bewohner zu verarbeiten.

Der zweite Unterpunkt der funktionalen Definition ist die Sozialintegration. Diese lässt sich im Pflegeheim ganz einfach finden. Menschen mit ähnlichen Zuständen und Geschichten treffen in einem großen Haus zusammen und bilden zusammen eine große Art Gemeinschaft.

Anhand von zum Beispiel Spielen wird dem Erkrankten eine Teilnahme am Gesellschaftsleben so lange wie möglich gewährleistet.

Der letzte Unterpunkt ist die Identitätsstiftung, dies beschreibt die Beantwortung menschlicher Sinnfragen und Suche nach Identität.

Hierbei ist mir im Pflegeheim aufgefallen, dass die Bewohner oft verschiedene „Identitäten auf Zeit“ haben. Dass sie sich für eine Weile beispielsweise in der Identität ihres früheren Ich´s ihrer Kindheit oder in dem Ich ihres Berufslebens befinden. 

Die Frage, Wer bin ich? Wer bist du? Also das Ringen um das Vermeiden eines Identitätsverlustes ist mit Sicherheit eine Frage, mit der die Pfleger und Bewohner täglich umgehen.

 

 „Die Frage ‚Wer bin ich? Wer bist du?‘ ist mit Sicherheit eine häufig gestellte Frage, die die Pfleger von den Bewohnern täglich gestellt bekommen.

Identität ist zunächst ein Gefühl für die eigene Person, ein unverzichtbarer Aspekt der menschlichen Entwicklung in der Abgrenzung von anderen Menschen!

Resümierend fasse ich zusammen das der Religionsbegriff mit der Pflege von Menschen zusammenpasst, da die verschiedenen Definitionen gut auf die Pflege in einem Demenz Heim bezogen werden konnten und ich auch bereits Beispiele dafür bei dem Besuch im Heim selbst erkennen konnte.

C)

Zum Abschluss schreibe ich ein paar meiner Gedanken zu unserer Exkursion ins Wohnheim nieder.

Mir hat der kleine Therapiehund gefallen.

Er hat mir durch seine offene und verspielte Art direkt ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Therapiehunde können meiner Meinung nach allein durch ihre Anwesenheit bereits Einsamkeitsgefühle lindern, die Stimmung aufhellen, aber auch zur Milderung von Stress beitragen. Daher finde ich es toll, dass das Pflegeheim einen Hund besitzt, der die Erkrankten immer mal besucht und ihnen den Tag verschönert.

Zudem hat mir die Einrichtung des Heims gefallen. Es ist sehr farbenfroh und dennoch Modern gestaltet. Es gibt viele Pflanzen und Bilder in den Räumen, die für etwas mehr leben sorgen.

Besonders gut hat mir hierbei der Balkon mit Glasfenstern als Umhüllung im ersten Stock gefallen! Er ist superschön gestaltet mit vielen gemütlichen Sesseln, in die man sich mal zurückziehen kann und die Sonne genießen kann.

Fasziniert haben mich die Reaktionen der Patienten auf das Vorlesen eines Märchen Buches. Sie saßen zunächst nur am Tisch und haben mich als Leserin nicht beachtet. Während eine Pflegerin jedoch näher zu einer Patientin gegangen ist, konnte sie hören, wie diese die ganze Zeit „wunderschön“ sagte, während ihr vorgelesen wurde. Das war mit zunächst gar nicht bewusst, doch als die Pflegerin es mir später erzählte, machte mich das sehr glücklich und ich war emotional sehr berührt.

Abgeschreckt hat mich in dem Pflegeheim nichts. Durch vorherige Gespräche mit dem Personal wurden wir auf vieles vorbereitet und uns wurde im Vorhinein von vielen Handlungsweisen verschiedener Bewohner berichtet, sodass wir direkt Bescheid wussten und passend agieren konnten.

An meiner Sichtweise zur Kirche ändert sich, dass ich vorher nicht wusste, wie vielseitig das Wort Kirche und Religion sein kann. Die Kirche, in der wir beten, ist nicht nur das Gebäude allein. Kirche ist das, was uns Menschen zusammenbringt und uns alle miteinander vereint und dass man aus dem Grund nicht immer unbedingt in die Kirche gehen muss, sondern sie auch zu dir kommen kann.

Dies mache ich an dem Beispiel fest, das einmal die Woche ein Pfarrer einer Katholischen Kirche aus der Umgebung das Pflegeheim besucht und mit den Bewohnern zusammen ein Gottesdienst veranstaltet. Es wird zusammen gesungen und gebetet, dies vermittelt ein Gefühl von Gemeinschaft.

Besonders erstaunt war ich hierbei, dass fast alle Bewohner noch das “Vater Unser“ auswendig sprechen können. Es ist eine Art Kernerinnerung und scheint für sie von großer Bedeutung und sehr wichtig zu sein :)

An meinem Glauben ändert sich, dass ich nun verstärkt darauf achte, wertzuschätzen, was ich habe. Wenn man seine Familie und Freunde hat, sollte man immer für sie da sein, sie unterstützen und mit ihnen gemeinsam schwere Zeiten durchstehen. Man weiß nie was als Nächstes passieren kann.

Ich kann mir solch ein religiöses Engagement durchaus vorstellen auszuüben, jedoch nicht in einem Demenzheim, da ich für all die körperliche Belastung, die täglich ein Teil des Arbeitsalltags eines Pflegers ist, nicht geschaffen bin und vor allem emotional zu instabil wäre.

Aber möchte ich dafür meinen größten Respekt an alle Pflegekräfte aussprechen!

Was ich mir aber durchaus vorstellen könnte, wäre das Engagieren in einem religiösen Kinderheim oder in verschiedenen Hilfsorganisationen. Als Mensch Gutes zu tun und anderen zu helfen, ist das Schönste, was es gibt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mir der Besuch im Demenzheim die Augen geöffnet hat, mich mehr auf das Wesentliche zu konzentrieren und sich zu engagieren, um anderen Menschen zu helfen.

Ich bekam viele Eindrücke und vor allem schöne Erinnerung bei dem Besuch und bin fest entschlossen, das Pflegeheim bald mal wieder besuchen zu gehen!
 

Romy Schüler