Vor 25 Jahren
Nobelpreis für Physik für den ehemaligen Goetheschüler Horst Störmer vor 25 JahrenAlljährlich werden seit den ersten Nobelpreisen 1901 an Emil von Behring (Medizin) und Wilhelm Conrad Röntgen (Physik) im Dezember die Nobelpreise verliehen. So erhieltenbeispielsweise gerade auch Katalin Karikó, ca. 10 Jahre in leitender Position bei Biontech, und Drew Weissmann den Nobelpreis für Medizin für ihre Forschungen zur mRNA, die neue Impfstoffe ermöglichen, u.a. auch gegen bestimmte Krebsarten. Diese weltweit höchste Auszeichnung, einst durch das Testament des Erfinders von Dynamit, Alfred Nobel, begründet, wurde vor 25 Jahren auch dem ehemaligen Goetheschüler Horst Ludwig Störmer, geb. 1949 in Frankfurt am Main und aufgewachsen in Sprendlingen, zuteil. Der damit verbundene Eintrag in die Geschichtsbücher verändert für die meisten Geehrten ihr Leben. Nach der höchstfeierlichen Zeremonie in Stockholm, mit der Überreichung der Nobelpreisträgermedaille durch den schwedischen König, sind die Ausgezeichneten fortan höchstbegehrte Gäste und Gutachter, und zwar für alle mögliche Themen, nicht nur für solche, in denen sie eigentlich Experten sind. Horst Störmer ist wohl bis heute bestrebt, sich nicht zu einer solchen „Nobel-Person“ zu verwandeln und sich für andere Dinge einspannen zu lassen. Dies ist wohl auch ein Grund dafür, dass Störmer bis heute eher nur Eingeweihten in Neu-Isenburg oder Dreieich bekannt ist, trotz dieser einzigartigen Verdienste. Dass auch seine Schulzeit an der Goetheschule (Abitur 1967) nicht nur glatt lief, ist seinen autobiographischen Aufzeichnungen bei der Nobelstiftung zu entnehmen. Ihm fielen zwar die Naturwissenschaften und Mathematik leicht, er liebte sie, auch war er Schulmeister im Sprint, jedoch schwebte manchmal eine 5 in den Fremdsprachen über seinem Haupt, die er gelegentlich ausgleichen musste. Leider war damals ein Ausgleich durch Sport noch nicht möglich, wie er heute wohl halb schmunzelnd berichten kann. Störmer erzählt auch davon, dass er erst eine Aufnahmeprüfung absolvieren musste, um überhaupt auf das Gymnasium im benachbarten Neu-Isenburg gehen zu dürfen. Besonders positiv hebt Störmer seinen ehemaligen Lehrer Klaus Nick, bis heute in Neu-Isenburg wohnhaft, hervor. Nick habe begeisternden, äußerst lebendigen, mit Freude erfüllten und geradezu ansteckenden Physik- und Mathematikunterricht angeboten, auch in freiwilligen Nachmittagskursen. Diese damals entstandene Verbundenheit hält bis heute an, Störmer und Nick haben bis heute zumindest jährlich Kontakt. Zum 50-jährigen Abiturjubiläum war Störmer auch kurz auf Schulbesuch. Der Isenburger Klaus Nick hat seine jugendliche und besonders aktive Art auch nach der Pensionierung bewahrt. Er promovierte dann, vor über 20 Jahren, in den Geschichten der Naturwissenschaften, engagiert sich im Frankfurter Mitmachmuseum Experiminta und übersetzt, auch zusammen mit seiner Frau Karola, historische wissenschaftliche Texte.
Horst Störmer studierte, über kleinere Umwege bei der Anmeldung zum Studium, Physik an der Goethe-Universität in Frankfurt, promovierte in Stuttgart, arbeitete seit 1977 bei den Bell Labs in den USA und ist seit 1998 Professor an der Columbia University in New York. Seinen Nobelpreis für Physik erhielt er für die experimentelle Entdeckung des sogenannten fraktionalen Quantenhalleffekts. Heutige Abiturienten lernen den klassischen Hall-Effekt kennen, eine Wechselwirkung von elektrischen Strömen und einem Magnetfeld. Bei tiefen Temperaturen und sehr starken Magnetfeldern gibt es diesen Effekt in quantisierter Form, also in kleinen, festen Portionen. Eine besondere Art der Quantisierung, die gebrochenzahlige, wurde durch Störmer und die mitausgezeichneten Physiker Tsui und Laughlinentdeckt und beschrieben.
Für heutige Schüler ist sicherlich die Erfahrung Störmers, dass man trotz einiger Schwierigkeiten in der Schulzeit, mit Hochs und Tiefs, höchste Ziele im Leben erreichen kann, sehr wertvoll. Auch die anfangs erwähnte Katalin Karikó hatte noch vor gut zehn Jahren erfahren müssen, dass ihr gekündigt wurde, weil „ihre Forschung nutzlos wäre“. Trotz dieser Rückschläge hat sie an ihrer Idee und Forschung mit Hartnäckigkeit festgehalten. So bewahrt auch Horst Störmer seine Haltung und meidet eher die Öffentlichkeit, trotz seiner weltweit anerkannten Errungenschaften – bemerkenswert!
Text von Sven Soff, heute Lehrer für Physik und Mathe an der Goetheschule, früher selbst über ein Jahrzehnt in der internationalen Grundlagenforschung als promovierter, theoretischer Physiker tätig, einst selbst Goetheschüler, der auch Klaus Nick als Lehrer kennenlernen durfte. (Soff meint, dass Störmers Name längst in Neu-Isenburg sichtbar werden müsste, ein „Störmer-Platz klingt doch gut“.)
zusammengestellt von Sven Soff
© The Nobel Foundation 1998
From Les Prix Nobel. The Nobel Prizes 1998, Editor Tore Frängsmyr, [Nobel Foundation], Stockholm, 1999
Published with permission from Nobel Prize Outreach 2024.